Cumarin und Dicumarol
Vielfältig
Süss duftend nach Heu?
Da mischt mit ziemlicher Sicherheit Cumarin mit.
Die Bezeichnung Cumarin stammt von „Coumarouna“. Einem in Guayana heimischen Baum (Diperyc odorata). Seine getrockneten Samen, Tonkabohnen genannt, duften unglaublich süss nach Cumarin! Ähnlich intensiv nach Cumarin duftet getrockneter Honigklee. Eine hochwachsende Schmetterlingsblütler (Fabacee), zart mit gelben Blüten, die auf sonnigen Wiesen in unseren Breiten zu Hause ist und, medizinisch eingesetzt, den Abfluss der Lymphe fördert. Wegen seines Dufts nach frischem Heu ist Cumarin in der Parfümindustrie beliebt. 1820 wurde dieser Stoff erstmalig von einem französischen Apotheker aus der Tonkabohne isoliert, danach isolierte ein Apotheker aus Hannover Cumarin aus Waldmeister.
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Im Jahre 1922 grassierte die „Blähsucht“ und viele Tiere verbluteten. Ein Bauer brachte einem Chemiker den Kadaver seines verendeten Rindes, einen Behälter mit nicht gerinnendem Blut und das vergammelte Heu, das dem Tier als Futter vorgesetzt worden war. Die Erkenntins: Das einfache Cumarin des mit „Süssklee“ versetzten Heus verwandelt sich durch Gärung und Fäulnis zu Dicumarol und hemmt in diesem Zustand die Gerinnung. Das war der Beginn der Forschung der Cumarine und der blutgerinnungshemmenden Eigenschaften von Dicumarolverbindungen. Dicumarol entsteht unter Einfluss von Schimmelpilzen auf cumarinhaltenem feuchtem Drogenmaterial. Im Organismus setzt es die Zellwandspannung herab, verlangsamt die Blutgerinnung und erhöht die Blutbereitschaft. Dicumarol verdrängt, das für die Blutergerinnung wichtige, Vitamin K und hemmt so die Bildung von Gerinnungsfaktoren und anderem auch in der Leber.
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Schon Ende des letzten Jahrhunderts wurden synthetische Antikoagulatione vom Cumarintyp nach dem Vorbild von Dicumarin entwickelt. Denn sämtliche Kleefelder der Welt würden nicht ausreichen, um den Gesamtbedarf an Dicumarol zu decken.. Zwar wirken diese schneller aber weniger lange.
Übrigens: Aspirin und Dicumarole sind in der Wirkung eng miteinander verwandt. Auch Aspirin kann im Magen-Darm-Trakt bei Überdosierung Blutungen hervorrufen. Im positiven Sinn und niedrig dosiert wird die „blutverdünnende“ Eigenschaft zur Prophylaxe von Thrombosen und Embolien genutzt, hier vor allem zur Verhütung von Herzinfarkt.
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Im Pflanzenreich sind Cumarine weit verbreitet. Am häufigsten unter den Doldenblütlern (Apiaceen).Besonders hohe Konzentrationen sind in Wurzeln, Früchten und Samen zu finden. Wahrscheinich fördern sie das Wurzelwachstum. Das Cumarin liegt meist als geruchloses Glykosid vor und wird erst beim Verwelken oder Trocknen durch Abspaltung als duftendes Aglykon freigesetzt. In manchen Pflanzen kommt auch freises Cumain vor – dann duftet schon die frische Pflanze danach. Obwohl das Aglykon flüchtig ist, werden Cumarine nicht zu den ätherischen Ölen gezählt. Letztere sind auch in der Pflanz nicht glykosidisch gebunden.
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Cumarine spielen in der Pharmazie- und Lebensmittelherstellung ein Rolle als Geruchs- und Geschmackskorrigens . Allerdinges muss dabei vorsichtige und gekonnt dosiert werden.
Anis, Bruchkraut, Kamille, Mariengras, Ruchgras, Steinklee, Honigklee, Waldmeister, Bärenklau, Reisenbärenklau, Engelwurz, Lavendel, Liebstöckel, Pastinak, Petersilie, Schafgarbe, Weinraute und Zahnstocherammei sind alles Pflanzen mit Cumarin
Praxis-Lehrbuch Heilpflanzenkunden / Ursel Bühring