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Ranuncla Ficaria  Scharbockskraut

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Langsam aufwachen. Stärke dich.

 

Der Frühlingsbote und Muntermacher. Jetzt ist es Zeit aufzustehen. Komm langsam ins Handeln.

Wenn der Winter zur Neige ging, dann schlich einst der garstige Scharbock über Stadt und Land. Wer von diesem Krankheitsdämon befallen wurde, litt an Müdigkeit und Muskelschmerzen. Der Gaumen blutete, die Haut wurde rau, hat keine Spannkraft und die Knochen wurden «weich». Glücklicherweise hatte Mutter Natur ein wirksames Heilmittel bereit: das Scharbockskraut.

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Die Volksnamen des Scharbockskrautes weisen eindeutig darauf hin. Der Frühlingssalat, die Butterblume, Schmalzblätter, Pfennigsalat, Glieserle, das Seemannsbrot, Gichtblatt oder Bodenglitzerli, ist Vitamin C haltig. Sobald sich die Blüte öffnet, ist sie leicht giftig. Seemänner suchten es bei jedem Landgang, um dem Skorbut vorzubeugen.

 

Kaum ist der Winterschnee geschmolzen da durchbrechen – auf die Wiesen und unter dem Gebüsch ä kleine grüne Keile den noch haten, kargen Boden. Aus ihrer Mitte treten nieren- und herzförmige, saftig grüne, fettglänzende Blätter hervor.

 

Es dauert nicht lange, da treiben die Gräser und anderen Wiesenkräuter aus und nehmen den kleinen Fettblättern zunehmend das Licht. Gerade noch rechtzeitig treibt das Scharfbockskraut Stängel in die Höhe, auf denen buttergelbglänzende Blütensterne der Sonne entgegenstrahlen und die ersten hungrigen Insekten zum Honiglaben einladen. Wie der später blühende Löwenzahn, schliesst das Scharbockskraut seine Blüten nachts und an trüben Tagen.

 

Scharbockskraut kannst du gleich nach der Schneeschmelze holen und einfach über den Salat streuen.

 

Nimm etwas Butter, Scharbockskrautblättchen fein schneiden und unterrühren, mit Meersalz würzen und mit frischem Brot verspeisen.

 

Mit dem Erblühen verlieren die dunkelgrünen Blätter zunehmend an Glanz. Auch ihr Geschmack wird immer unangenehmer, ja richtig ätzend, so dass die sich nicht mehr für den Salat eignen. Das sogenannte Protoanemonin, das sich nun bildet, kann zu Erbrechen, Darmkoliken und Nierenreizungen führen.

 

Bettler rieben sich immer wieder mit dem scharfen Saft ein, um mitleiderregende Blasen auf der Haut hervorzurufen. So kam es zum Namen: Blasenkraut, Bettlerkraut oder Brennwurz. Wegen der Schärfe stellte der Arzt und Astrologe Nicolas Culpeper (1649) das kleine Hahnenfussgewächs unter die Herrschaft des feurigen Mars.

 

Vielerorts wird das Scharbockskraut auch Feigwurz – englisch Figwort, schwäbisch Fickwarzenkrut – genannt, da die Knollen an Feigwarzen erinnern. Als «Feigen» wurden früher Hämorrhoiden bezeichent. Tatsächlich enthalten die zu Salbe bereiteten Brutkonllen ein adstringierendes Glykosid, das die lästigen Mastdarm-Krampfandern schupfen lässt.

 

Hämorrhoiden spiegeln unseren blutigen Konflikt ums Loslassen und Festhalten wider, sie fühlen sich an wie ein Fremdkörper, den wir dringend gehen lassen müssen. Das führt dazu, dass wir mit aller Kraft versuchen, sie loszuwerden – obwohl sie eigentlich ein wichtiger Teil von uns sind.

 

Lange genug unter dem Schnee geträumt?

Lange genug geschlafen?

 

Hämorrhoiden entstehen durch Belastungen in Form von unbewusstem, nicht zu bewältigendem Druck. Sie symbolisieren unsere Verknotungen und Verstrickungen, auf denen wir lieber sitzen, als sie aufzulösen. Sie hindern uns daran, die Gewohnheit fortzusetzen, alles über das Hintertürchen zu regeln und ermutigen uns, aufzustehen und vorwärts zu gehen.

 

„Sich den Arsch aufreißen“

„Die Pobacken zusammenkneifen“

„Den Schwanz einziehen“

 

Häufiges und langes Sitzen kann zu Blutstauungen unterhalb der Hüfte führen. Die dadurch entstehende Vergrößerung der Hämorrhoiden macht deutlich, dass wir ein Problem haben: Wir sitzen fest! Unsere Aufgabe ist es nun, aufzustehen und für die eigene Sache vorwärts zu gehen. Es ist wichtiger denn je, unserem eigenen Weg zu folgen und uns „durchzusetzen“, anstatt weiterhin „den Schwanz einzuziehen“ und die Veränderung zu scheuen.

 

Körperflüssigkeiten symbolisieren unsere Lebensenergie. Diese benötigen wir, um uns selbst zu verwirklichen und unser Geschenk in die Welt zu tragen. Vergrößerte Hämorrhoiden weisen uns unsanft darauf hin, dass sich unsere Lebensenergie staut. Nicht nur das – sie wird sogar zu einem Hindernis und birgt ein großes Verletzungspotential. Zu lange haben wir uns „den Arsch aufgerissen“ und die „Pobacken zusammengekniffen“. Wir haben uns verausgabt, ohne dabei die angesammelte Lebensenergie zu investieren und verlieren sie deshalb nun in Form von Blut und Flüssigkeit unbemerkt durch das Hintertürchen.

 

Wahrscheinlich haben wir diesen Weg gewählt, weil wir das Gefühl hatten, ohnehin keine andere Wahl zu haben – so, wie auch unsere Hämorrhoiden uns nun den Weg versperren. Der Ausweg „reizt“ uns zwar, doch wir „halten uns zurück“, anstatt „alle Dämme zu brechen“ und die Entscheidungen endlich selbst zu treffen.

 

Stärke dich jetzt. Das Lebensrad wir nun langsam wieder angeschoben. Jetzt ist es Zeit aufzustehen. Komm langsam ins Handeln.

 

Die Lebenskraft kehrt zurück. Spürst du schon den zarten Hauch der Frühlingslust in deinen Adern kribbeln?

 

Das Scharbockskraut bildet beim Räuchern einen stechenden Geruch und wird daher nur selten pur verräuchert. Meist wird es mit duftenden Blüten und Harzen gemischt. Eine Räucherung mit Scharbockskraut wirkt kraftspendend und hilft zielstrebig neue Wege zu verfolgen. In früheren Zeiten wurde Scharbockskraut bei jenen Kindern verräuchert, die dem bösen Blick erlegen waren.

 

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Literaturhinweis

bluehendes-leben.com

Die Seele der Pflanzen /Wolf-Dieter Storl

Wilde Weiber Wünsche / Katharina Waibel

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