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Auf der Spur von Mythen und grüner Magie

mit Rezepten, Ritualen und Heilwissen aus der Natur
von Fabiana Belmonte

 

Das Aufeinandertreffen von Hexen und Unkräutern

ist eine Heraufbeschwörung von Magie, Weisheit und Schönheit,

die ausserhalb von Regeln existiert.

Sie lädt ein zur Wiederentdeckung der Natur und den eigenen Kräften.

Aus dem Fenster meiner Wohnung in Bolognia, wo ich lebte, während ich an der Schauspielschule studierte, konnte ich auf eine kleine Fläche Brachland mit verschiedenfarbigen Pflanzen blicken. Ende Februar erschienen duftende zartviolette Veilchen, die im Frühling üppig wucherndem Löwenzahn Platz machten. Im Sommer, wenn ich packte, und in meinen geliebten toskanischen Apennin zurück zukehrte, erblühten Mohn- und Kamillenblüten, die wer weiss von wo und von wem hierhergetragen worden waren.

Ich habe Kräuter schon immer gemocht, angefangen bei ihren Namen, die eine geheimnisvolle Magie zum Ausdruck bringen. Mir gefällt, dass sie rebellisch sind - mutig und furchtlos. Manche (Un-) Kräuter setzen sich sogar mitten auf Stadtstrassen durch und wuchern aus Spalten im Asphalt.

Diese Pflanzen bekommen in botanischen und kräuterkundgien Büchern eine abweichende Bedeutung. In meinen Studienjahren entdeckte ich, dass sogar die gefürchtete Fingerhirse, wie viele andere Unkräuter auch, ein starkes, zähes und nützlichen Gewächs ist.

Ihr eigenwilliger, ungezähmter Geist bringt Unkräuter oft mit Hexen in Verbindung. Sie haben eine tiefe, vertraute Beziehung zueinander - leben eine Symbiose, die weit zurückreicht. Unkraut wird wie Hexen oft als lästig empfunden, und doch gelingt es ihm, unter schwierigen Bedingungen zu gedeihen, und trotzt Konventionen und der etablierten Ordnung. Oft empfindet man Unkräuter als aufdringlich. Sie wachsen selbstbewusst an problematischen Orten und sind nicht selten Pionierpflanzen. Sie bieten viele Vorteile, verschaffen dem Körper wie der Seele Heilung, genauso, wie es Hexen und Heiler tun.

 

Es gibt unbestimmte Grenzräume wie etwa die Ränder einer Stadt, die Magie beherbergen. An diesen Orten kann allem ein Zauber innewohnen und sich in den Schlüssel verwandeln, der die Tür zu einer anderen Welt öffnet. Es kann eine nahezu unleserliche Schrift auf einer Mauer sein oder ein verlorenes Magazin, gelesen vom Wind, der in seinen Seiten blättert. Hier in den Vorstädten, insbesondere an einem sonnigen Tag, verfliesen die Zeit anders und die Begegnungen mit fremden Menschen sind entspannter und spontaner. Aus deinem «Hallo! Ein schöner Abend heute, stimmt’s?» kann sich alles entwickeln. In deiner Tasche trägst du vielleicht einen kleinen Schatz, den du beim Spaziergang vom Strassendrand aufgehoben hast. Eine glitzernde Glasscherbe oder eine hübsch geformte Samenschote. Nur wenn du auf den Boden schaust, wirst du die tatsächlichen Bewohner des Ortes sehen: Die Unkräuter und wilden Pflanzen, die ihre Tupfen in die Stadtlandschaft setzen. Fruchtlos und heldenhaft wachen sie in Mauerspalten. Zum Beispiel die übermütigen Kapernsträucher mit ihren zuckerwattefarbenen Blüten, die sanft im Abendwind schwanken. Die Aussenbezirke von Städten sind voller Magie. Allein deshalb, weil man dort keine erwartet. An der Strassenecke ist ein kleiner Laden. Dort steht Trödel zum Verkauf, Weitergereichtes von einer Hand in die nächsten, von einem Herzen zum anderen. Die Gegenstände sind voller Geschichten wie die Strasse, die sich aus dem Zentrum an den Rand winden, von wo aus man eine bessere Sicht hat. An solchen Orten wohnt die Stadthexe. Diejenigen die sich fragen wie denn Stadthexen dort wohnen können, wo es keine Wälder gibt und keine Wildpflanzen wachsen werden überrascht sein. Wir brauchen nur unsere Augen und Herzen zu öffnen: Magie ist unverwüstlich und überall; Verzauberung kann sich vom Gehweg zum Fester schnüren, vom Laternenpfahl zu Türschwelle und zu all den Plätzen, an denen wir uns heimisch fühlen.

 

Die Stadthexe

 

In den Randbezirken aller Städte leben Hexen, deine Stadt ist keine Ausnahme.

Eine Hexe braucht keinen Wald, um Kräuter und Wurzeln zu sammeln:

Sie kennt die Natur und weiss,

wie man sie selbst an den asphaltieren Strassen zur Stadtmitte findet.

 

Magie ist ein Geisteszustand und hängt davon ab,

wie du deine Umgebung wahrnimmst.

 

Die Hexe sammelt Löwenzahn in dem kleinen Park hinter ihrem Haus, nimmt ihn mit und braut daraus Tees und Aufgüsse. Sie beobachtet den Flug der Vögel, den Tanz der Woken und weiss die Zeichen zu deuten, die sich im Alltag manifestieren.

 

Die Stadthexe ist eine Spezialistin der Alltagsmagie. So wie ein vollständiger Baum in einem winzigen Samen enthalten ist, so erfasst sie das grosse Potenzial, das den kleinen Alltäglichkeiten innenwohnt.

 

Auf dem Balkon versorgt sie ihre Minze- und Rosmarinpflanzen, deren förderlicher Duft ihnen Geist und ihr Herz aufheitert. Wenn sie das Haus verlässt, dann hat sie in ihrer Handtasche immer Tarotkarten und ein paar Steine wie Bergkristall, Aventurin oder Tigerauge zum Spielen dabei. Bei ihrem Weg auf den Bürgersteig streift eine Magnolie aus dem benachbarten Garten ihr Haar und sie flüstert ganz leise schützende Zauberformeln: Für die Natur, den beginnenden Tag, die Menschen in der Nachbarschaft.

 

Stadthexen sind Meisterinnen der Kledonomantie, die darin besteht, dass sie Gesprächsfetzen von Fremden auf der Strasse aufschnappen, die sie für als aufschlussreich erweisen und grundlegende Antworten enthalten. Das kann für uns aber auch durch ein Buch wahrwerden, das uns aus der Hand fällt und genau auf der richtigen Seite aufschlägt, die Wort enthält, die wir hören mussten. Das ist zwanglose Magie: Sie geschieht, wenn unser Geist offen, aufmerksam und empfänglich ist - Für die Nuancen der Welt um uns herum empfänglich zu sein, um sie zu erkennen.

 

Die Magie der Kledonomantie ist die Fähigkeit, in einem scheinbar ungeordneten Universum in zufällig aufgeschnappten Wortbotschaften Sinn und Richtungsweisung zu erkennen. Wir können Zeitpunkt und Inhalt eines Kledonismus nicht bestimmen, aber es ist uns möglich zu lernen, für die uns vom Leben gesendeten Signale präsent zu sein.

 

Eine der wertvollen Lehren der Stadthexe lautet:

Halte inne und lausche.

Und, wie der Eremit es mit seiner Laterne tut:

Suche nach der Magie im Gewebe deiner Tage.

Die Gleise der stillgelegten Bahnlinien winden sich durch die Landschaft, einen Weg gleich, der sich am Horizont zu verlieren scheint. Die verrosteten Gleise sind nun ein Zufluchtsort für wilde Gräser und Sträucher, die Böschungen erklimmen, als hielten sie die Reste einer verlorenen Welt zusammen.

 

Auf dem Weg entlang des Trasses, stösst man auf von Efeu überwucherte Mauerreste eines verfallenden Bahngehäuses. Man liest die verwitterten Schilder der aufgegebenen Bahnstation, in deren Schatten wilde Malve und Vogelmiere wachsen. Ein Hauch von Magie erfüllt den Ort. Hier haben Kinder ihre Schätze: Bunte Kiesel oder Scherben, unter den Stufen versteckt und wilde Kapernsträucher schieben sich ungestört aus Mauernspalten. Johanniskraut ergiesst sich üppig über die rostbraunen Bahnschwellen und Kamille lehnt sich Schutz suchend an die roten Ziegelmauern des alten Bahnhofs.

 

Verwitterte Schienen stellen eine gekennzeichnete Spur in andere Welten – eine Landkarte der Imagination dar. Ihnen folgend sammeln Hexen Wildkräuter für ihre magischen Rituale. Bahnstrecken sind Orte der Begegnung und des Austausches. Hier treffen Samen von Kräutern ein, getragen vom Wind wie Hexen von ihrer Magie. Sich unter gewöhnliche Leute mischend sammeln Hexen Mohnsamen oder zeichnen Runen in die Luft zum Schutz der Reise.

 

Die Gleise gleichen einem Portal in eine andere Welt, eröffnen neue Richtungen und Träume; hier findet man Wegscheiden und Kreuzungen, die Hexen als Kraftorte heilig sind.

 

Symbolisch befördert die Eisenbahn

Träume und Illusionen,

Hoffnungen und Enttäuschungen auf ihren Schienen

zu den Menschen.

 

Vielleicht ist es diese Macht, die das Bahngleis zu so einem magischen und faszinierenden Ort macht.

Die Hexe der Wegkreuzungen

Die Wegkreuzung ist der Schnittpunkt,

an dem Strassen aus vier Richtungen aufeinandertreffen.

Sie ist ein magischer Ort, der verbunden ist mit der Macht und Entscheidung

für den richtigen Weg.

 

In der Mitte findet sich oft einen Naturaltar oder heilige Figuren. Die Kreuzungen, Gegenstand unzähliger Legenden und vielfältigen Aberglaubens, wird in vielen Kulturen als Ort gesehen, an dem die materielle Welt auf die spirituelle trifft.

Die Kreuzung steht in Verbindung zu verschiedenen Gottheiten und Gestalten aus der Mythologie. Eine von ihnen ist Hekate, die griechische Göttin der Magie und der Nacht. Sie wird oft mit drei Köpfen dargestellt, die für die drei Mondphasen, sowie für die drei Reiche des Lebens, Erde, Himmel und Meer, stehen. Ausserdem verkörpert Hekate die drei Lebensalter der Göttin: Mädchen, Frau und Alte. Ihr dreifaches Wesen wird verbunden mit dem Verknüpfungspunkt von mehreren Wegen.

In manchen esoterischen Traditionen wird die Wegkreuzung als Wendepunkt zwischen Dasein und Tod, Altem und Neuem interpretiert und symbolisiert die Wahl zwischen, verschiedenen Richtungen und Wegen im Leben. Hier hat die Hexe der Wegkreuzung ihren angestammten Platz. Als mystische Gestalt in Märchen und Sagen ist sie diejenige, die das Rätsel stellt, das der Held lösen muss oder die auf Gedeih und Verderb in die Existenz der Heldin eingreift. Gemäss der Überlieferung hat die Hexe der Wegkreuzung die Macht, Naturgeister zu steuern und die Kräfte von Dasein und Tod zu lenken.

Oft wird sie als einsame, ältere Frau beschrieben, die unordentliche Kleidung und einen spitzen Hut trägt.

Als Tochter der Hekate und Priesterin des Mondes machen sie ihre Kenntnisse über Heilkräuter und ihr Wissen um die Geheimisse der Magie zu einer respektierten Person, die man wegen ihrem Wissen in der Kräuterheilkunde aufsucht. Sie erinnert an die keltische Tradition von Avalon und deren Priesterinnen, die auf de Apfelinsel wohnen, um dort die magischen Künste zu erlernen. Aber sie ist auch ein Widerhall der alten Frau und Kräuterhexe, die am Waldrand lebt, heilt und den Helden motiviert, damit er wachsen und seinen Weg vollenden kann.

Die Hexe der Wegkreuzung ist eine erfahrene Sammlerin. Ihre Magie beruht auf den Kräutern, die an verlassenen Bahntrasses verbreitet sind und eine Verbindung mit der Dimension des Reisens und der Entfaltung aufrechterhalten.

 

Die magischen Zubereitungen aus diesen Pflanzen

haben folglich etwas mit Schutz und Erkenntnis zu tun.

Als natürliche Priesterin ist die Hexe Expertin in Schutzzaubern für Reisende, die an der Station verbeikommen und ihre schemenhafte Gestalt in der Distanz an den rostigen Schienen sehen.

An ihrer Seite sitzt ein Fuchs. An ihm, ein Büschel Beifuss und Weissdorn. Im Vorbeigehen erreicht dich der Duft wilder Kräuter. Leg ein Beifussblatt in deinen Schuh, lausche dem, was dir zugeflüstert wird und du wirst während deiner Reise unter Schutz stehen.  

Die Landstrasse

Aus dem Dorf führt eine Landstrasse heraus, die sich wie ein glänzendes Band durch die Landschaft windet. Man kann sich ihr zu jeder Tages- und Nachtzeit anvertrauen. Doch der magische Zeitpunkt ist die Abenddämmerung, wenn sich das Licht golden verfärbt und die ersten Sterne am indigofarbenen Himmel erscheinen. Es kommt der Moment, in dem Himmel und Erde miteinander zu verschmelzen scheinen, wenn sich Grenzen auflösen und wir eintauchen ins Ganze. Erst in diesem Augenblick erfasst man die Umgebung mit ganzem Bewusstsein. Die Gräser am Wegesrand scheinen im Abendhauch zu tanzen und wenn du mit den Fingern durch die Pfefferminze streichst, dann nimmst du ihren Duft mit hinein in die Nacht. Grillen zirpen ihre Abendsymphonie und begleiten den Ruf der entfernten Eule, die im Zwielicht eben erwacht. Die Luft ist erfüllt von intensiven, erdigen Gerüchen. Dem Duft nach feuchter Erde, der sich mit dem süssen Aroma der Blumen vermischt, die sich erst zur Nacht öffnen. Jede Blume ist eine kleine Farbexplosion, die dem Feuerwerk auf einem Dorffest im Mittsommer gleicht. Am Rand dieser Strasse, die die Seele für Wunder öffnet, stösst man vielleicht auf freistehendes einzelnes Gehöft, dessen Gartenpforte mit Efeu überwachsen ist und dass seine Geheimnisse vor den Blicken der Reisenden verbirgt. Es ist das Haus der Dorfhexe. Sie bewahrt das Wissen der ländlichen Gegend in den nie endenden Tänzen der zyklischen Natur, in den üppig wachsenden Pflanzen, in den von fruchtbarer Erde verborgenen Geheimnissen und lässt es einfliessen in ihre Heilmittel, Sirupe und Gläser voller Kräuter und Wurzeln. Die Dorfhexe mit ihrem durchdringenden Blick und ihren weisen Händen ist das lebendige Glied zwischen der Menschheit und der alten Weisheit der Erde.

 

Die Landstrasse lockt dich und lädt dich ein,

ein wildes Land zu betreten.

Folge dem nächtlichen Gesang der Insekten und halte inne

im violetten Atemhauch des Himmels,

der das Aufgehen des Mondes ankündigt.

Die Dorfhexe

 

Die von der Dorfhexe beschworene Symbolik reicht zurück in Vorzeiten, in denen das Wissen um Kräuter und natürliche Heilmittel entscheidend für das Überleben in ländlichen Gemeinschaften war.

Dorfhexen betrachtete man als die Bewahrerinnen überlieferter Weisheit und von bedeutenden, von einer Generation an die nächste weitergegebenen Heilrezepten und Wahrsagepraktiken.

Durch ihr fundiertes Wissen über Pflanzeneigenschaften, Rituale und Mondphasen ist es ihnen möglich, Krankheiten zu heilen, Schmerzen zu lindern und das Wohlergehen von Menschen zu fördern.

In vielen Märchen kommen Dorfhexen vor, die sich im Wald versammeln, im Mondlicht tanzen und Zaubertränke zubereiten. Man glaubte, dass diese Frauen Gestaltwandlerinnen seien, dass sie mit Tiergeistern kommunizieren und fähig seien, die Grenzen zur materiellen Welt zu überschreiten.

Vor allem aber ist die Dorfhexe eine Kräuterexpertin. Ob es sich um wilde oder kultivierte Pflanzen, um medizinische oder essbare handelt, sie kennt sie und weiss, wo sie sie findet. Sie wertschätzt die Reichtümer, die uns auf allen Seiten umgeben.

Fast immer besitzt die Dorfhexe einen Gemüsegarten und auch der entfaltet magische Wirkung. Er gestattet er ihr, mit der Magie der kleinen Dinge, die darin gemäss ihrem eigenen Lebenskreislauf gedeihen, Verbindung aufzunehmen.

Wie die Königin der Münzen im Tarot ist die Hexe immer und für alles offen. Sie heilt Kranke, indem sie sich Volkspraktiken zunutze macht. So war es bei Hexen in den toskanischen Bergen üblich, Ängste mit Aufrechtem Ziest zu vertreiben. Die Wildpflanze wird in verschiedenen Volkssagen wegen ihrer beruhigenden Eigenschaften erwähnt, die Ängste und Befürchtungen mildern. In der Praxis stellt man einen Aufguss aus den Blättern oder Blüten des Gewächses her. Das Kraut wird in einen Topf mit Wasser übergossen und zum Kochen gebracht und nach dem Abkühlen genutzt, um die Ängste der Betroffenen abzuwaschen.

Doch das Wissen der Dorfhexe geht über einfache Kräuterkunde hinaus. Es ist subtil und hat seinen Ursprung in ihrer Fähigkeit, den Pflanzen zuzuhören. Pflanzen sind ihre Freunde und der Garten ist ihr bevorzugter Ort für Zauber und Magie.

Man kann sie dabei beobachten, wie sie Kupferglöckchen an Tomatenpflanzen befestigt, damit sie besser wachsen oder wie sie mit den Maiglöckchen, die neben dem Eingang zu ihrem Haus wachsen, Tee trinkt. Ihre besondere Gabe ist die Einfachheit.

Sie wartet auf dich,

auf der Eingangstreffe ihres Hauses sitzend,

mit einer Tasse Zitronenmelissentee in den Händen dem Zirpen der Grillen lauschend, erfüllt von Dankbarkeit für die Fülle des Lebens.

 

Im Unterholz

Es gibt einen Ort im Herzen des Waldes, an dem seine grüne Seele pulsiert: Das Unterholz. Es ist eine verborgene Welt, in der das Sonnenlicht den Pfad auf andere Weise erreicht. Das Dickicht eines Gehölzes zu betreten, setzt Gefühle frei, wie man sie auch in einer eindrucksvollen Katherdale hat. Es besitzt eine heilige Dimension. Hier ist Flüstern ganz und gar natürlich. Die Temperatur verändert sich, es wird kühler und duftet nach feuchter Erde, Moos und Tannen.

Hier findest du geheime Durchgänge oder magische Kreaturen wie, Elfen, die manchmal im Vorübergehen rätselhafte Spuren hinterlassen, denen du vielleicht folgen möchtest. Genauso verhält es sich mit einem Pilzkreis der, wenn er nach genauer und geheimnisvoller Ordnung ausgerichtet ist, als Hinweis auf einen Elfentanz gedeutet wird und der für jene, die teilnehmen, die Zeit anhält. Falls du einem Elfentanz Anteil hast, kehrst du erst Monate oder Jahre später in die Wirklichkeit zurück. So ist es in zahlreichen Elfenmärchen überliefert.

Das Unterholz ist ein Übergang und deshalb ein magischer Ort, in dem alles möglich ist: Mit einem Fuchs zu sprechen, einem versteckten Schatz oder einen Elfenhandschuh zu finden. Es ist der Lieblingsort der Waldhexe und ihr Allerheiligstes, wo sie arbeitet und Kräuter oder Pflanzen mit geheimen, schützenden oder heilenden Kräften sammelt. Hier trifft sie ihre Tierhelfer die Eule, den Wolf und den Hasen - die Hüter ihrer Geheimnisse.

 

Die Waldhexe

Die Waldhexe kennt das Unterholz wie ihre Westentasche. Mithilfe ihrer inneren magischen Landkarte gelangt sie immer dorthin, wo sie sein muss. Sie ist Einzelgängerin, doch sie arbeitet stets im engen Kontakt mit dem Wald und seinen Bewohnern - den Tieren und Elfen.

Die Zwerge und Elfen kennen die Waldhexe gut und sie ist gleichfalls mit ihnen vertraut. Sie bewohnen die gleichen Welten. Sichtbar und unsichtbar, und kümmern sich um sie. Mehr als irgendeine andere Hexe verkörpert die Waldhexe das wilde, ungezähmte Wesen des Waldes. Sie weiss, wann der richtige Zeitpunkt für die Ernte von Beinwellwurzeln ist und wann man Dünger, Hagebutten und Weissdornhonig, dies Stillen Hüter beider Welten, auslegen muss.

Zu ihren Spezialitäten gehört die Herstellung von Amuletten, die ihren Ursprung in der Weisheit der Natur haben. Sie taucht ein in die Energie des Waldes, sammelt, was sie braucht, und schafft schützende Glücksbringer gegen negative Energien, indem sie Kräuterzweige verwebt oder sie fertigt Talismane an, um Wohlstand und Fülle anzuziehen, indem sie einen glänzenden Stein auf einem Wurzelkonten anbringt.

Aus den geheimen Schätzen des Waldes stellt sie ihren Medizinbeutel her, der von schamanischen Vorbildern inspiriert ist und die Magie und Essenz des Waldes enthält. Diese kostbaren Behältnisse webt sie von Hand aus Pflanzenfasern und folgt dabei der althergebrachten Webtradition der Hexen. Darin bewahrt die Waldhexe ihren eigenen Schatz aus magischen und geheiligten Gegenständen, die sie während ihrer Wanderungen durch das Unterholz sucht und findet. Es kann sich um würzige Wurzel mit zartem Duft handeln, um Heilkräuter, Steine von verborgenen Pfaden, Blätter die wie zarte Stoffe aussehen, Federn von Singvögeln und zahllose andere kleine Schätze wie Flusskiesel oder Kristalle, die mit dem Reich von Luft und Wasser verbunden sind. Jedes Objekt ist von symbolischer Bedeutung: Kräuter für Tränke und Räucherwerk, Steine für magische Amulette, Federn zum Fliegen zwischen den Welten und Knochen oder Kiesel für die Rückkehr zu den eigenen Wurzeln und um nicht vom Heimweg abzukommen.

Die Waldhexe bedient sich ihres Medizinbeutels, einem geheimnisvollen Werkzeug, das die Aufgabe als Vermittler zwischen dem Wilden und dem Alltäglichen übernimmt. In ihren magischen Praktiken nutzt sie die Objekte darin mit Respekt und Sorgfalt. Und sobald sie ihren Zauber gewirkt hat, kehrt die Waldhexe zurück in ihr Heim.

Hinter ihr haben die Eichen eben ihre Blätter abgeworfen. Diese liegen zart auf der dunklen Erde. Ein Wolf beobachtet sie aus der Ferne und zieht sich zurück. Er ist ihr magischer und treuer Gefährte, der sich entfernt von ihr aufhält und an ihrer Seite ist, sobald sie ihn braucht.

 

An der Küste

Die Küste ist eine besondere Region, die das ganze Jahr lang bezaubert auch wenn die meisten Menschen sie vor allem im Sommer besuchen. Ein Spaziergang am Strand – das Licht in den Augen und den Blick auf den fernen Horizont gerichtet, hat etwas Magisches. Du kannst dich von der Schönheit durchdingen lassen und sie mit jedem deiner Schritte in dir widerhallen spüren, als Einladung, das Geheimnis und die verborgenen Schätze der Wellen zu entdecken. Die Küste ist eine durch und durch sinnliche Erfahrung: Der feine Sand, sengend heiss und trocken oder nass und kühl. Der salzige Duft von Muscheln, die du in den Wellen findest. Die Liebkosung einer aufgesammelten weichen Möwenfeder. Die Strohblumenpflanze, deren Blüten man nur ein wenig reiben muss, um den unverwechselbaren Duft nach Lakritze und Sommer freizusetzen. Die Pflanzen, die am Ufersaum wachsen wirken berauschend und führen dich unmittelbar zurück in die Sommer deiner Kindheit. Die Erinnerung ist ein Teil des Küstenstriches, ebenso wie die Freude, darüber, dass es uns freisteht, einfach und spontan in Kontakt mit der Grossartigkeit der Natur zu treten. Hier herrschen Offenheit und unendliche Möglichkeiten. Und hier, im Anblick der gewaltigen See, öffnet sich das unser Herz der Unendlichkeit. Seit Urzeiten bewahrt das Meer seine Geheimnisse: Vor hunderten von Jahren gesunkene Piratengaleonen, magische Pflanzen die unter Wasser wachsen, und Seejungfrauen mit schillernden Schwänzen, entdeck von überraschten Beobachtern. Oft leben Hexen direkt am Meer, in Holzhäusern mit Blick über den Stand. In der Tür hängt ein Traumfänger aus Muscheln, die in der Brise leicht klimpern und dich einladen, einzutreten.

 

Die Sirenenhexe

Da ist sie und wartet auf dich in ihrem Holzhaus mit Blick auf das Meer. Ihre Haare sind lang, fliessend wie braune Meeresalgen und erinnern an Wellen. Ihr Haus duftet nach wildem Fenchel und Rosmarin. An der Schwelle begrüssen zahllose Sukkulenten die Passanten und jene, die um Rat suchen oder dem Sonnenuntergang nachsinnen.

Die Sirenenhexe behütet die See und ihre Kreaturen. Sie weiss, dass alles eins ist und dass die Meereswelt ein sensibles Ökosystem darstellt, welches man beschützen muss. Sie fühlt sich zu tiefst verbunden mit der ursprünglichen Macht des Wassers, dass sie mit einzigartiger magischer Energie versorgt.

Sie lebt in einer Symbiose mit der See und ihren Tiefen. Durch ihre Verbundenheit mit dem Waser vermag die Sirenenhexe die Geheimisse, dieses Elements, seinen Energiefluss, zu erkunden und ihn für ihre Zwecke zu kanalisieren.

Intuitiv erfasst sie die Macht der Wellen, die Geheimnisvolle Energie von Meeresströmungen und die tiefe Ruhe stillen Wassers. Sie weiss das nasse Element als Symbol des Lebens und der Erneuerung zu schätzen. Es ist fähig, zu erschaffen und zu zerstören, zu heilen und zu reinigen.

Mit Meerespflanzen vermag die Sirenenhexe Menschen zur Genesung zu führen, die entweder an ihrer Seele oder am Herzen verwundet sind. Zugleich kann sie die Macht der Seestürme wecken, die Wellen zum Schutz der Küste in Stellung bringen und diejenigen vertreiben, die das Gleichgewicht der Ozeane bedrohen.

Vielleicht was sie früher einmal eine Mehrjungfrau. Ihre Stimme klingt befremdlich und geheimnisvoll. Sie verfügt über die Macht, Meereswellen zu regulieren und mit ihren Bewohnern zu kommunizieren. Ihr Lied ist Anrufung und Gebet zugleich. In ihm halt ihre natürliche Macht wieder und sie trifft dich damit mitten ins Herz. In ihrem kleinen Haus stösst du auf zahlreiche magische Objekte.

Da gibt es ausserordentlich seltene, glänzende Perlen wie Wassertropfen, die sie als Anhänger verwendet, um mit ihnen Glück und Schutz zu schaffen. Du findest kostbare Edelsteine, in denen die Essenz der See gespeichert ist. Zauberhafte Muscheln, die Schätzen gleich, Geschichten von Meer bewahren, als seien sie die Schlüssel zu anderen Welten, schmücken sie die Behausung der Sirenenhexe. Ihre Kostbarkeiten bewahrt sie in Samtsäckchen oder in geschnitzten Holzkisten auf, die ihre unbezahlbaren Geheimisse sorgfältig beschützen. Als alleinlebende Hexe hängt sie sehr an Tieren, vor allem an jenen, die im Meer leben. So kann sie etwa mit Delfinen kommunizierten, die ihr Botschaften aus den Tiefen der Ozeane übermitteln und sie auf ihren Reisen zwischen den Welten anleiten.

Doch die grösste Macht dieser Hexe ist ihr Mitgefühl.

Manche schören, dass sie sie im Zweilicht aus dem Wasser haben steigen sehen, verwandelt in eine Sirene mit einem schimmernden Fischschwanz, die hinabtauch in das tiefe Herz der See.

 

Giftige Pflanzen

Giftige Pflanzen üben von jeher eine grosse Faszination auf uns Menschen aus. Ihre Farben, die Form ihrer Blätter und Früchte, sind oft ungewöhnlich und wunderschön wie zum Beispiel der rote Samenmantel der Eibe oder die glänzenden Beeren des Nachtschattens. Sie wirken anziehend und verlockend. Und dann ist da noch ihre psychoaktive Wirkung, die giftige Pflanzen trotz ihrer Gefährlichkeit zu einem bleibenden Symbol der magischen Dimension und für die Erweiterung des Bewusstseins gemacht haben.

In alten Traditionen wurden giftige Pflanzen von Schamanen und Hexen genutzt, um Trancezustände zu erreichen, Reisen zwischen den Welten zu ermöglichen oder um Visionen und tiefgreifende Einsichten zu bewirken.

Sie werden in Verbindung gebracht mit Macht, dem Mysteriösen und der Gefahr, können aber auch geheimes Wissen, Transformation und den Zugang zu verborgenen Welten symbolisieren. Ihre Dualität - einerseits dunkel und tödlich, andererseits magisch und massgeblich - hat viele Märchentraditionen inspiriert, die auch heute noch Anziehungskraft haben.

In der praktischen Magie finden sie noch immer Verwendung - mit gewachsener Vorsicht beim Umgang mit ihnen. Heute werden neue und subtilere Zugänge zu ihrer Energie erforscht. Es ist wichtig zu betonen, dass keine der giftigen Pflanzen, zum Verzehr geeignet ist oder auch nur mit der Haut in Berührung kommen sollte. Es wird dringend davon abgeraten, mit ihnen Salben, Öle, Tees oder Mazerate zuzubereiten. Viele der Gewächse enthalten wirkungsvolle Gifte, die schlimme Folgen haben können.

Sich der Welt giftiger Pflanzen zu nähern bedeutet, die Lehren von Mutter Erde zu akzeptieren, etwas über Grenzen und Selbstschutz zu erfahren und Respekt und Fürsorge für das Pflanzenreich zu mobilisieren.

Insbesondere dann, wenn die Pflanzen, mit denen wir es zu tun haben, so mächtig und heilig sind wie die Giftigen.

 

Die Schamanenhexe

Die Schamanenhexe lebt am Waldesrand. Sie bewohnt die Grenze, den Ort, an dem das Sichtbare mit dem Unsichtbaren verflochten ist, wo Heilung durch Geschichten erfolgt und das Geschichtenerzählen wahr wird. Sie näht und stickt, hört and heilt, weiss, welche Magie zu den Wegen in die Anderswelt führt.

 

Sie studiert Kräuter und kennt ihre Stimmen, wendet sich an sie, um Rat und um Führung zu erhalten, und nutzt sie zusammen mit subtiler Heilenergie. Sie ist eine Hexe von Erde und Himmel. Sie ist vertraut mit Wurzeln, Mineralien, duftenden Blüten und Blättern, und sie weiss, wie man in der Geistwelt und in Träumen reist.

Ihr ist klar, dass magische Kraft in jedem einzelnen Wesen wohnt und in der Verbindung mit der ungesehenen Welt.

Sie nutzt Rituale, Zauber und heilige Praktiken, um in die Reiche des Unsichtbaren zu gelangen, wo sie mit den Geistern der Natur, der Ahnen und der Tiere interagiert. Sie ist eine Brücke zwischen den sichtbaren und den unsichtbaren Welten. Sie nimmt Dualität an und begreift die Verbundenheit aller Dinge miteinander. Die Schamanenhexe wechselt mithilfe von schamanischem Reisen - eine Methode, die das Bewusstsein verändert- zwischen den Welten hin und her. Auf diese Weise vermag sie mit Geistern zu kommunizieren, Visionen oder Botschaften zu empfangen und tiefgreifendes Wissen zu erlangen. Sie bedient sich besonderer Techniken, um eine Reise zu unternehmen und einen veränderten Bewusstseinszustand zu erreichen: Trommeln, Tanzen, rhythmisches Atmen, Chanten oder die Verwendung von Substanzen bestimmter heiliger Pflanzen.

Durch ihr Reisen in andere Welten versucht sie, für sich und die Gemeinschaften um sie herum Gleichgewicht, Harmonie und Heilung zu schaffen. Sie arbeitet für das allgemeine Gute, sucht die Wunden der Seele zu heilen und Ausgeglichenheit zwischen den Menschen und der Natur wiederherzustellen. Deshalb lebt sie am Rand, wo von alters her jedes Initiationsritual vollzogen wird. Die Übergangsriten der Jahreszeiten und die der Lebensalter werden hier gefeiert. Mit diesen Festen werden die natürlichen Kreisläufe und die Übergänge der Jahreszeiten geehrt. An Frühlings- und Herbst- Tagundnachtgleiche sowie zur Winter - und Sommersonnenwende werden Rituale gefeiert, die in manchen Traditionen als Sabbate bezeichnet werden.

Am Sabbat verbindet sich die Schamanenhexe mit der einzigartigen Energie der betreffenden Jahreszeit und ehrt in Harmonie mit der Natur Wachstum, Fülle, Wiedergeburt und das Abbild derselben in jeder Jahreszeit. Gleiches gilt für die wichtigen Übergänge im Leben: Jugend, Erwachsenenalter, Alter, Tod. Hier, auf der Schwelle, werden Leben und Tod gefeiert. Die Grenze wird zu einem Ort der Macht, von wo aus es möglich ist, die Mitte, im globalen Zusammenhang inklusive aller Komplexität und aller Ressourcen zu sehen.

Die Schamanenhexe ist eine Reisende zwischen den Welten. Zugleich ist sie diejenige, deren Gespür für das Menschsein am stärksten ist: Sie führt und inspiriert und zeigt uns den Weg durch den Wald.

 

Wie man mit Giftpflanzen hantiert

In der magischen Praxis finden giftige Pflanzen häufig Verwendung, insbesondere auf dem sogenannten «Weg der Gifte». Die Berührung mit dem Gewächs ist dabei von Respekt, Innigkeit und Bewusstsein getragen. Der erste Schritt auf dem «Weg» besteht aus Recherche und gründlichen Studieren der Pflanzen, die zu Anwendung kommen sollen.

Es ist entscheidend, die chemischen Eigenschaften, symbolischen und kulturellen Zuordnungen des Gewächses zu kennen, bevor man es nutzt.

Wer sich intensiv mit Pflanzen, insbesondere mit giftigen beschäftigen will, kann am Anfang Meditation zu Hilfe nehmen. Such dir einen ruhigen Platz. Wenn du Glück hast und Gewächs bei einem Spaziergang begegnest, kannst du gleich damit beginnen. Nimm dir ein paar Augenblicke, um deine Gefühle aufzuspüren und zu entschleunigen. Atme tief und stell dir im Geist die Giftpflanze vor, mit der du arbeiten willst.

Versuche, deinen Geist zu entspannen, und gestatte es der Pflanze, sich dir zu öffnen und dir ihre Botschaft mitzuteilen - oder setz dich einfach hin, lausche und lass dich ein auf die Beziehung zwischen dir und dem gewählten Gewächs. Wenn er dir passend erscheint, kannst du ihm in der Meditation eine Frage stellen und dann dein Herz öffnen, um die Information oder die Erkenntnisse, die es zu bieten hat, in Empfang nehmen. Es ist wichtig, offen und respektvoll zu bleichen und es der Pflanze zu gestatten, dass sie dich führt und unterweist. Als Abschluss deiner Meditation, kannst du dem Gewächs ein «Opfer» wie Wasser, frische Blumen oder etwas von dem du meinst, dass sie es wünscht, darbringen. Dabei spielt es keiner Rolle, ob die Pflanze real vorhanden ist oder ob du sie dir nur vorgestellt hast.

Eine weitere Verfahrensweise beim Umgang mit Giftpflanzen ist die Beobachtung. Aus einfachem Betrachten, Zeichnen und Fotografieren beziehen wir Inspiration für den Tag. Beispielsweise könnte die Farbkombination uns in der Auswahl unserer Kleidung beeinflussen oder bei der Arbeit an einem Projekt. Oder wir fühlen uns zu künstlerischem Erkunden und zum Experimentieren mit verschiedenen Maltechniken veranlasst, um mancherlei Formen und Farben auf Papier zu bringen, auch wenn wir gar nicht wirklich malen können.

 

Die Kommunikation mit Giftpflanzen verlangt Geduld und Offenheit,

damit ihre Weisheit Zugang zu unserem Leben erhält und

unser magisches Tun bereichert.

 

Geschichten vom «Weg der Gifte»

Giftpflanzen, erwecken Mythen and Legenden zum Leben, faszinierende Geschichten, die auf dem Weg widerhallen. Tollkirsche ebenso wie Bilsenkraut, Alraune und Stechapfel sind Bestandteile der Flugsalbe einer Hexe. Im Jahr 1960 bestrich sich Will-Erich Peuckert, damals Inhaber des Lehrstuhls für Volkskunde an der Universität Göttingen, am ganzen Körper mit einer Paste aus Tollkirsche und fiel für zwanzig Stunden in einen tiefen Schlaf. Als erwachte, berichtete er von anhaltenden Träumen und Visionen, von denen auch jene erzählen, die an Hexensabbaten teilgenommen hatten.

Die Landbevölkerung riet davon ab, sich mit den Blüten der Tollkirsche zu schmücken, da sie Unglück bringen. Andererseits glaubte sie, dass eine Tollkirsche an der Zufahrt zu einem Haus dieses von bösen Geistern freihalte.

Stechapfel hingegen ist berühmt für seine wunderschönen Blüten, die sich nur nachts öffnen und einen unangenehmen Geruch verströmen. Wegen seiner runden und stacheligen Früchte wird die Pflanze mancherorts als Hexengras bezeichnet. Seine Samen sind, anders als die anderen Bestandteile, von süsslichem, mehr oder weniger angenehmem Geschmack. Die Höflinge und Strassenräuber des alten Europas verabreichten ihn ihren Opfern in Getränken, um sie willenlos zu machen und ihre Geheimnisse zu erfahren.

Mit seinen violetten, helmförmigen Blüten ist Eisenhut ebenso faszinierend. Es wird auch Wolfswurz oder Sturmhut genannt und gehört zu den Hahnenfussgewächsen. Mit seinem Gift wurden die Klingen der Schwerter eingerieben, um sie zu noch tödlicheren Waffen zu machen. Der Legend nach wuchs Eisenhut aus dem Schleim des Kerberos, des gewaltigen dreiköpfigen Hundes, den Herakles als eine seiner Aufgaben aus der Unterwelt auf die Oberwelt holte. Die Verbindung zu Wölfen rührt daher, dass das Gift der Pflanze in die Köder gemischt wurde, mit denen verhindert werden sollte, dass Wölfe Siedlungen zu nahe zu kommen. Ausserdem heisst es, dass Eisenhutpulver Werwölfe fernhält. Eisenhut steht unter Naturschutz und sollte deshalb und weil er giftig ist, nicht gesammelt werden. Eine Vergiftung kann bereits durch einen einfachen Hautkontakt mit der Blüte erfolgen. Den Kelten war Eisenhut heilig, insbesondere im Zusammenhang mit dem Gott Belenus: Es hiess, nur eine Jungfrau dürfe ihn pflücken, vorausgesetzt, sie gehe dann rückwärts nach Hause.

Die Gesetze des alten Britanniens betrachteten es als schwerwiegend, eine Eibe zu kränken als einen Menschen, da sich die Eibe nicht selbst verteidigen kann. In Irland hielt man die Eibe für den ältesten im irdischen Paradies geschaffenen Baum und glaubte, der Druide Mog Ruith habe sein Rad der Apokalypse daraus geschnitzt.

Dies sind nur einige der Geschichten, die sich auf Giftpflanzen beziehen. Es ist wichtig, sich daran zu erinnern, dass diese Pflanzen gründliches Wissen und sorgfältige, verantwortungsbewusste Handhabung erfordern.

 

Giftpflanzen werden uns auch weiterhin verzaubern und faszinieren, denn sie sind ein lebendiger Beweis für unsere Verbindung mit dem Pflanzenreich und seiner Fähigkeit, Leben, Heilung and Tod zu gewähren.

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